Substantive werden großgeschrieben. Oder? Was einfach klingt, ist in Wahrheit ganz schön tückisch. Nehmen wir mal den Satz „Du hast RECHT“. Ist „RECHT“ ein Substantiv oder nicht? Oder: „Ich habe dir EINIGES zu berichten.“ Oder: „Der Spaß für JUNG und ALT.“ Groß oder klein? Himmel hilf!
Nein, der Himmel hilft Ihnen nicht. Aber dieser Blogartikel.
Zauber zauber fidibus, ich zauber mir ein Substantiv
Das Auto, der Text, die Liebe: alles Substantive, logisch. Aber auch viele andere Wörter können zu einem Substantiv gemacht werden – durch eine Substantivierung. Am leichtesten erkennt man sie, wenn ein Artikel davorsteht. Dann können Sie davon ausgehen: Oha, Großschreibung.
- Das Lernen fällt ihr leicht.
- Das Tückische an der Flut sind die Priele.
- Dieses Durcheinander nervt mich.
- Ihm fehlt das gewisse Etwas.
- Das Warum interessiert mich nicht.
- Er lebt nur im Hier und Jetzt.
- Im Nachhinein ist man immer schlauer.
- Kein Muss, nur ein Kann.
„Im“ können Sie auflösen zu „in dem“, „kein“ bedeutet „nicht ein“. Auch da sind also Artikel drin versteckt.
Doch nicht vor jeder Substantivierung steht ein Artikel. Achten Sie auch auf Wörter wie alles, etwas, genug, nichts, viel und wenig.
- Wir wünschen Ihnen alles Gute.
- Sie hat etwas/genug/nichts/viel/wenig Gutes getan.
So weit, so gut. Leider werden viele Wörter dann doch kleingeschrieben, obwohl sie Merkmale von Substantiven oder Substantivierungen aufweisen. Ich nenne das „Stolpersteine“: tückische Fälle, bei denen selbst Wortarbeiterinnen wie ich ins Trudeln kommen. In diesem Blogartikel hüpfen wir einfach gemeinsam drüber – über drei der fiesesten Stolpersteine:
- Recht, schuld und ihre Freunde
- Substantivierte Adjektive
- Pronomen und Zahladjektive
Stolperstein Nr. 1: recht, schuld und ihre Freunde
1. Angst, klasse, leid und pleite
Angst, Klasse, Spitze, Leid und Pleite sind eigentlich Substantive. In Verbindung mit den Verben sein, werden oder bleiben schrumpfen sie aber zur Kleinschreibung zurück. Das ist also quasi der umgekehrte Vorgang zu einer Substantivierung – eine Ent-Substantivierung.
- Mir wird angst.
- Das ist ja klasse.
- Ich finde das spitze.
- Sie ist es leid.
- Die Firma ist pleite.
Der Test: Einen Artikel könnte man hier nicht voranstellen.
2. Groß- und Kleinschreibung von recht
Das Wort „recht“ ist ein besonders harter Knochen.
Groß- oder Kleinschreibung:
- Da gebe ich dir recht/Recht.
- Ich bin mir sicher, dass ich recht/Recht bekomme.
Großschreibung:
- Das sagt er zu Recht.
- Da bist du im Recht.
Kleinschreibung:
- Du hast recht.
- Das ist mir recht.
- Man kann dir nichts recht machen.
- Das geschieht ihr recht.
Neben „du hast recht“ erlaubt der Duden zwar auch die Schreibweise „du hast Recht“, schreibt aber bei intensivierten Wendungen wie „du hast ja so recht“ oder „wie recht sie hat“ die Kleinschreibung vor. Weil das höchst verwirrend ist, rate ich Ihnen, sich hier einfach die Kleinschreibung zu merken.
Praktisch gesehen sollte es reichen, wenn Sie sich die Großschreibung der Wendung „zu Recht“ zu merken. Die allermeisten anderen Fälle im täglichen Sprachgebrauch werden kleingeschrieben – es sei denn, man erkennt „Recht“ als Substantiv: ein Recht, das Recht, im Recht …
Noch ein Tipp: Wenn man „sehr“ ergänzen kann, ist die Kleinschreibung richtig: Da hast du sehr recht, das ist mir sehr recht, das geschieht ihr sehr recht.
3. Groß- und Kleinschreibung von schuld
Auch das Wort „schuld“ ist ein wenig tückisch.
Großschreibung:
- Ich habe Schuld daran.
- Es ist meine Schuld.
- Ich trage Schuld daran.
Kleinschreibung:
- Ich bin schuld daran.
Um sich das zu merken, gibt es zum Glück ein gute Eselsbrücke. Hilfe bietet das Wörtchen „die“. Wenn’s reinpasst, wird Schuld großgeschrieben: Ich habe die Schuld daran, es ist die Schuld von mir, ich trage die Schuld daran. Dagegen: *Ich bin die Schuld daran? Nä, bestimmt nicht. Daher also klein: Ich bin schuld daran.
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Stolperstein Nr. 2: Substantivierte Adjektive
Kommen wir zu den substantivierten Adjektiven. Normalerweise schreibt man sie groß:
- Weißt du schon das Neueste?
- Die Kleine ist schon im Bett.
Aber auch hier denkt sich die deutsche Sprache: „Och, machen wir es mal nicht zu einfach.“
1. Verbindungen aus Präposition und dekliniertem Adjektiv
Die erste Ausnahme sind bestimmte feste Verbindungen aus Präposition (z. B. auf, von, seit, binnen) und dekliniertem Adjektiv. Dekliniert bedeutet, dass das Adjektiv eine Endung bekommt.
Diese Verbindungen können Sie groß- oder kleinschreiben. Der Duden empfiehlt die Großschreibung.
- Diese Regelung gilt bis auf weiteres/Weiteres.
- Ich werde dir das nicht von neuem/Neuem erklären.
- Ich habe dich schon von weitem/Weitem erkannt.
- Sie hat es schon seit längerem/Längerem gewusst.
- Das habe ich binnen kurzem/Kurzem erledigt.
Ich finde die Großschreibung hier weitaus logischer und würde sie mir daher so merken.
2. Verbindungen aus Präposition und nicht dekliniertem Adjektiv
Anders sieht es aus, wenn das Adjektiv in der Wendung nicht dekliniert wird, also in seiner Grundform steht. Dann wird es kleingeschrieben:
- Über kurz oder lang wird er pleite gehen.
- Von fern waren die Möwen zu hören.
- Sie kamen von nah und fern.
- Sie sind zusammen durch dick und dünn gegangen.
3. Nicht deklinierte Adjektive, die Personen meinen
Nun gibt es aber auch hier eine Ausnahme. Wenn Personen gemeint sind, schreibt man das Adjektiv doch wieder groß.
- Der Konflikt zwischen Arm und Reich geht in die nächste Runde.
Eigentlich müsste „arm und reich“ ja kleingeschrieben werden: Wir haben eine Verbindung aus Präposition (zwischen) und nicht dekliniertem Adjektiv (arm und reich). Aber es sind Personen gemeint, die Armen und die Reichen – deshalb doch Großschreibung.
Der Duden erklärt das übrigens so, dass die Verbindung auch ohne Präposition stehen könnte:
- Arm und Reich stehen im ständigen Konflikt miteinander.
Ich finde die Personenerklärung aber einfacher zu merken. Weitere Beispiele:
- Groß und Klein kommen hier zum Zuge.
- Der Spaß für Jung und Alt.
Stolperstein Nr. 3: Pronomen und Zahladjektive
Der letzte Stolperstein für heute: Pronomen und Zahladjektive.
1. Pronomen werden kleingeschrieben
Pronomen sind eine fiese Sache. Sie sehen aus wie Substantive, werden aber kleingeschrieben. Beispiele:
- Ich habe dir einiges zu berichten.
- Trotz unseres Aufrufs sind etliche nicht gekommen.
- Tja, manches werden wir wohl nie verstehen.
- Ich kann die beiden nicht ausstehen.
- Ein jeder tut, was er kann.
- Ach, ich habe gestern so dieses und jenes gemacht.
Besonders schwer ist die Unterscheidung zu den großgeschriebenen substantivierten Adjektiven:
- Ich habe dir einiges zu berichten (Pronomen).
- Aber: Ich habe dir Diverses/Verschiedenes zu berichten (substantiviertes Adjektiv).
- Leider sind etliche nicht gekommen (Pronomen).
- Aber: Leider sind Einzelne nicht gekommen (substantiviertes Adjektiv).
Eine Eselsbrücke gibt es hier leider nicht. Im Zweifel müssen Sie solche Wörter noch mal im Duden nachschlagen.
2. Zahladjektive: die meisten und die wenigsten, die einen und die anderen
Noch verworrener wird es bei den Zahladjektiven. Versuchen Sie gar nicht erst, sie sicher von den Pronomen zu unterscheiden. Auf jeden Fall geht es um folgende Wörter: viele – mit der Steigerungsform die meisten –, wenige/die wenigsten, die einen und die anderen.
Der Duden widerspricht sich hier selbst. Einerseits weist er darauf hin, dass Zahladjektive kleingeschrieben werden. Andererseits erlaubt er die Großschreibung, wenn man den substantivischen Charakter betonen möchte. Möglich sind daher beide Schreibweisen:
- Das meiste/Meiste habe ich schon für dich erledigt.
- Das ist die Intelligenz der vielen/Vielen.
- Die einen/Einen haben abgesagt, die anderen/Anderen sind gar nicht erst gekommen.
- Das interessiert doch die wenigsten/Wenigsten.
Die Abgrenzung, wann eine „Betonung des substantivischen Charakter“ vorliegt, ist jedoch sehr schwierig. Mit der Kleinschreibung liegen Sie hier auf der sicheren Seite.
Fazit: Eselsbrücken merken – und im Zweifel nachschlagen
Ein paar Eselsbrücken habe ich Ihnen genannt. Es lohnt sich, sie sich zu merken. Bei der Unterscheidung zwischen Pronomen, Zahladjektiven und substantivierten Adjektiven wird es schon schwieriger – einiges und Diverses, etliche und Einzelne. Wenn Sie nicht der Typ zum sturen Auswendiglernen sind, machen Sie es sich leicht und schlagen Sie’s flugs im Online-Duden nach. Wichtig ist nur, die Stolpersteine zu erkennen, wenn sie sich Ihnen in den Weg stellen. Dann können Sie auch gekonnt drüberhüpfen.
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Nils meint
Guten Morgen Frau Lamer,
vielen Dank für Ihre Aufklären. Den Artikel werde ich mir gleich mal im Browser als Lesezeichen anlegen.
Ich wünsch Ihnen noch einen schönen Tag
Nils
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Nils,
perfekt. 🙂
Viele Grüße
Annika Lamer
Isabelle Weiss meint
Super interessant und am[sant wie immer. Nur die Grafik finde ich etwas verwirrend, denn das „ß“ gibt’s ja eigentlich nicht „GROSS“.
Danke und Gruß, Isabelle Weiss
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Frau Weiss,
seit der Rechtschreibreform 2017 gibt es das große „ß“. Siehe Regel D 160: https://www.duden.de/sprachwissen/rechtschreibregeln/doppel-s-und-scharfes-s
Danke auch für das nette Feedback. 🙂
Viele Grüße
Annika Lamer
Roland Römer meint
Sehr übersichtlich und verständlich.
Ich wünsche Ihnen noch einen recht schönen Tag!
Roland Römer
Judith Jamin meint
Liebe Frau Lamer,
Ihre Blogs gefallen mir gut und ich lese Sie mit großem Interesse!
Gisler meint
Liebe Frau Lamer
Ich arbeite als Übersetzerin und Lektorin von Gutachten und bin immer wieder froh über Ihre Beiträge. Oft bestätigen sie das, was ich selber beim Duden herausgefunden habe und doch nicht sicher weiss, manchmal helfen Sie mir über auch Unsicherheiten hinweg. Vielen Dank!
Eine etwas spezielle Frage taucht bei mir immer wieder auf, die wohl mit dem wissenschaftlich-nüchternen Sprachstil der von mir korrigierten Gutachten zu tun hat: Was tun mit den Fugen-Konsonanten bei zusammengesetzten Substantiven?
Schreibt man
HAUSHALTARBEITEN oder HAUSHALTSARBEITEN
MASSNAHMEANTRITT oder MASSNAHMENANTRITT
?
Umfragen in meiner Umgebung ergaben, dass es da offenbar regionale Unterschiede gibt, aber vielleicht wissen Sie etwas mehr dazu? Obschon diese Frage vielleicht nicht alle Ihre 3000 Abonnent/innen beschäftigt… 😉
Mit besten Grüssen aus Südfrankreich, wo Sie auch gelesen werden
Bettina Gisler
Dr. Annika Lamer meint
Liebe Frau Gisler,
der Fugenlaut ist ein ganz komplexes Thema, dem man nicht mit Regeln beikommen kann. Zum Beispiel heißt es„Einkommensausfall“, aber „Einkommensteuer“. Eine ausführliche Darstellung finden Sie zum Beispiel bei Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Fugenlaut
Regionale Unterschiede gibt es ebenfalls, wie von Ihnen richtig vermutet.
Meistens kann man sich auf seine Intuition als Muttersprachler/in verlassen. Und diese sagt mir: Haushaltsarbeiten und Maßnahmenantritt. 🙂
Ein Blick in den Duden offenbart allerdings, dass es sowohl „Maßnahmenplan“ als auch „Maßnahmeplan“ gibt. Auch „Maßnahmeantritt“ könnte daher gerechtfertigt sein.
Herzliche Grüße
Annika Lamer
mICHAEL hAMPEL meint
Liebe Annika,
dank meines Deutschlehrers bin ich ganz fit in Grammatik- und Rechtschreibfragen. Mein Deutschlehrer war das, was man als Alte Schule bezeichnet: Jahrgang 1930, schon längst Rentner, hat aber auf Minijobbasis weiterunterrichtet, weil ihm das Rentnerdasein zu langweilig war. Jede zweite Woche hieß es: „Stift raus! Blatt raus! Wir schreiben jetzt einen Grammatiktest.“ Und so bestimmten wir Wortarten und Satzteile. Ich mochte das und habe lieber Grammatiktests geschrieben, als Gedichte zu analysieren.
Dennoch kenne ich auch diese Zweifelsfälle, bei denen ich desto unsicherer werde, je länger ich darüber nachdenke. Mir helfen da immer klare Regeln und gute Eselsbrücken. Ein solcher Zweifelsfall war das, was sie im Absatz „Nicht deklinierte Adjektive, die Personen meinen“ und „Angst, klasse, leid und pleite“ beschreiben. Jetzt habe ich für diese Regel dank Ihnen endlich eine vernünftige Begründung und eine noch bessere Eselsbrücke. Danke!
Die Sache mit den Pronomen ist allerdings gar nicht so schwer, wie es auf den ersten Blick scheint. Eigentlich trifft es nur die gebeugten Indefinitpronomen (einige, jemand, alle, jeder etc.) – es kommt ja niemand auf die Idee (gebeugte) Personalpronomen großzuschreiben.
Die Frage nach der Groß- und Kleinschreibung dieser Pronomen quälte mich lange Zeit. Ich musste jedes Mal nachschlagen. Das kränkte nicht nur die Ehre meines Deutschlehrers, sondern auch meine als Geisteswissenschaftler (ich bin Historiker). Außerdem war es nervig, jedes Mal – wirklich jedes Mal – nachzuschlagen. So setzte ich mich eines Tages hin und setzte mich intensiver mit dieser Frage auseinander. Das nahm einen halben Tag in Anspruch – hat sich aber gelohnt!
Ich habe mir da folgende Eselsbrücke zusammengebastelt.
Wenn ich das Pronomen adjektivistisch benutzen und ich keinen bestimmten Artikel davor setzen kann, handelt es sich um ein Pronomen, das in seiner gebeugten Form kleingeschrieben werden muss. (Das mit der adjektivistischen Nutzung ist auch nur eine Eselsbrücke, denn die adjektivistisch benutzten Pronomen werden nicht wie Adjektive, sondern wie Artikel benutzt, sind also Artikelwörter, wie: der, die das etc.)
Bsp.: Ich sehe verschiedene Menschen über die Straße gehen. / Ich sehe die verschiedenen Menschen über die Straße gehen.
= Klappt, also Adjektiv. Das gebeugte „verschieden“ wird demnach großgeschrieben. Also: „Ich sehe Verschiedenes.“ Dasselbe gilt dann auch für groß, klein; dünn, dick; jung, alt; weiblich, männlich; reich, arm etc.
Aber: Ich sehe einige Menschen über die Straße gehen. / Ich sehe die einigen Menschen über die Straße gehen.
= Klappt nicht, also Artikelwort / Pronomen und in der gebeugten Form kleingeschrieben. Also: „Ich sehe so einiges.“ Dasselbe gilt dann auch für alle, mehrere, etliche etc.
Deswegen finde ich persönlich die Sache mit den Zahladjektiven nicht so verworren. Mit dem Trick des bestimmten Artikels lassen sie sich einfach von Pronomen unterscheiden. „Die meisten Menschen sind Rechtshänder. / Die wenigsten Menschen sind Linkshänder. / Die einen Menschen schreiben mit rechts, die anderen Menschen mit links.“ Nur „viele“ passt da nicht ganz rein. Das muss man sich dann einfach merken.
Das war jetzt alles (Pronomen) eine grobe Zusammenfassung. Wenn man sich näher mit der Materie auseinandersetzt, kann man darüber mehrere (Artikelwort also Pronomen und in der gebeugten Form klein) Promotionen schreiben.
Ihr Newsletter ist klasse und ich freue mich jedes Mal, wenn er in meinem Posteingang ist. Die Kommentare der Anderen / anderen (Zahladjektiv) lassen darauf schließen, dass ich nicht alleine bin. Sich so eine Fanbasis zu erschreiben, die mit Ihrer eigentlichen Tätigkeit des Werbetextens wenig bis gar nichts zu tun hat, muss man auch erst einmal schaffen. 🙂
Ich freue mich schon auf Ihren nächsten Newsletter.
Michael
Dr. Annika Lamer meint
Lieber Michael,
vielen Dank für dieses supernette Feedback und vor allem für die hervorragende Eselsbrücke – ich bin begeistert.
„Viel“ passt doch rein, oder?
„Wenn ich die vielen Menschen sehe, wird mir ganz anders.“ => Großschreibung von „vieles“ möglich.
Hingegen klappt es bei „beide“ nicht:
„Ich sehe die beiden Männer über die Straße gehen.“ => Aber trotzdem nur Kleinschreibung: „Ich verstehe beides.“
Aber wie Sie schon sagen, das muss man sich dann eben merken.
Ich werde das gerne oben in den Artikel aufnehmen, wenn ich darf (und dabei natürlich auf Ihren Kommentar verweisen).
Übrigens wurde ich in der Schule nicht so mit Grammatik gedrillt. Ich habe überhaupt kein Talent für grammatische Begriffe und versuche sie auch in meinen Beiträgen so weit wie möglich zu umgehen. Sie machen es doch nur unnötig kompliziert. (Ganz ohne geht es allerdings nicht, wie man an diesem Beitrag sieht.) Stattdessen versuche ich immer, es von der praktischen Seite aufzuziehen – was kann man sich wie merken. Der Rest ist Sprachgefühl, zumindest bei mir. 🙂
Viele liebe Grüße und danke noch mal
Annika
Marion Möller meint
Liebe Frau Lamer,
erst einmal ganz herzlichen Dank für Ihre unermüdliche Themenauswahl. Auch ich lese mit Begeisterung, welche Spitzfindigkeiten und Stolpersteine Sie immer wieder „auspacken“ und lasse mich bestätigen, berichtigen und inspirieren von Ihrem umfassenden Wissen und auch von den Kommentaren der Mitleser. DANKE!
Ich bin ein bisschen spät für diesen Artikel, ich weiß. Und es geht im Speziellen auch gar nicht um dieses Thema, sondern ich habe eine Frage, bei der ich mir bisher eigentlich immer sehr sicher war. Doch durch die vielen, meiner Meinung nach falschen Schreibweisen bin ich wohl mürbe und unsicher geworden. Meine Frage lautet: Werden Eigennamen, wie z. B. der Titel einer Tageszeitung, gebeugt? Früher machte man das. Und bisher schrieb und sagte ich sowas wie „Der Artikel im „Gäuboten“ letzte Woche war sehr interessant“. Immer häufiger lese ich „Der Artikel im Gäubote letzte Woche …“
Da dreht sich mir der Magen um. Hat sich diesbezüglich irgendeine Regel geändert? Greift das nur um sich, weil es alle falsch sagen (sogar die Medien selbst) und nicht besser wissen? Oder bin ICH nicht „up to date“ und sollte mich an solche Kost gewöhnen?? Das tue ich, wenn auch ungern, wenn Sie mir sagen, warum und wieso … und leiste dann Abbitte.
Ihnen ist sicher auch aufgefallen, dass ich im zweiten Beispielsatz beim Namen der Zeitung keine Anführungszeichen gesetzt habe. Das war kein Zufall. Ebenfalls gab es mal die Regelung, dass Eigennamen in Anführungszeichen gehören. Aber auch das scheint in Vergessenheit geraten zu sein. Seit viele Menschen WhatsApp & Co. benutzen, lässt man so vieles weg oder hofft auf die Autokorrektur. Nicht falsch verstehen, ich benutze WhatsApp auch und sehe es sogar als Bereicherung, mit vielen Freunden in Kontakt bleiben zu können. Aber ich bemühe mich immer, korrekt zu schreiben. Das ist manchmal nervig. Ja. Aber ich kann nicht anders …
Bitte entschuldigen Sie, dass mein Kommentar nun doch länger geworden ist, als ich vorhatte. Ich hoffe, Sie antworten mir dennoch und ich bin gespannt auf Ihre Ausführungen.
Ganz herzliche Grüße von Marion
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Marion,
vielen Dank für Ihren Kommentar! Ich konnte zu Ihren Fragen im Duden nichts finden und das ist das Einzige, auf das ich mich verlasse. Manche Sachen bleiben ungeklärt, man kann sie so oder so sehen. Aber vielleicht hat ein anderer Leser noch einen Hinweis.
Viele Grüße
Annika Lamer
Gisela Polnik meint
Liebe Frau Lamer,
herzlichen Dank für Ihren Beitrag. Ja, Groß- oder Kleinschreibung, das ist manchmal wirklich nicht einfach zu entscheiden. Ihre Ausführungen sind aber sehr hilfreich.
Probleme habe ich oft, wenn es um die Schreibung von Zahlen geht.
Ein Beispiel: „Die Kinder mussten nach Hause, denn ihre Eltern warteten mit dem Abendessen und so verabredeten die Sieben, sich am nächsten Tag noch einmal bei Frau Nabel zu treffen. “
Es geht um „die Sieben“ – da sind ja Personen gemeint, vier Kinder und drei Erwachsene (versteht man nur, wenn man den Text davor kennt) . Ist „sieben“ jetzt substantiviert? Oder muss man in Gedanken „die sieben (Kinder)“ ersetzen, deshalb Kleinschreibung,was inhaltlich aber nicht korrekt ist, denn es sind ja nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene gemeint. – oder : Die Drei hatten es in der Schule sind leicht. / Oder die drei … ?
Herzliche Grüße
Gisela Polnik
Dr. Annika Lamer meint
Liebe Frau Polnik,
Zahlwörter werden immer kleingeschrieben (jedenfalls alles, was unter hundert liegt, danach wird es komplizierter).
In Ihrem Fall ist es also klein richtig:
So verabredeten die sieben, sich am nächsten Tag noch einmal zu treffen.
Die drei hatten es in der Schule nicht leicht.
Nur wenn die aufgeschriebene Ziffer gemeint ist, wird sie großgeschrieben:
Er hat in Mathe eine Drei geschrieben.
Bitte trage in die letzte Spalte eine Sieben ein.
Viele Grüße
Annika Lamer
PS: Zur Groß- oder Kleinschreibung von hundert siehe https://www.annika-lamer.de/rechtschreibfehler-grossschreibung-kleinschreibung/.
Daniela Goeckeritz meint
Hallo Frau Lamer,
ich lese immer wieder begeistert Ihre Beiträge und freue mich über die bunte Auswahl an Themenbereichen. Als Texterin habe ich täglich selbst viel mit dem geschriebenen Wort zu tun und liebe es, zuweilen auch in schwierige Gefilde einzutauchen. Gerade das Kniffelige ist es ja manchmal, das die Grammatik so spannend macht.
Nun aber zu meinem eigentlichen Anliegen. Heute ich über folgenden Satz gestolpert:
„Damit ist die Zeit gemeint, in der die einzelnen Bildpunkte zwischen schwarz, weiß, farbig oder transparent wechseln.“
Es geht um die Funktionsweise eines Druckers. Und die spannende Frage ist, ob die Wörter schwarz, weiß, farbig und transparent tatsächlich klein geschrieben werden. Mein erster Gedanke war: Großschreibung! Schließlich spricht die Präposition „zwischen“ für ein substantiviertes Adjektiv. Dann habe ich in Ihrem Beitrag jedoch den Punkt zu den nicht deklinierten Adjektiven gelesen und bin stutzig geworden. Doch Kleinschreibung?
Können Sie Licht ins Dunkel bringen? Ich bin gespannt auf Ihre Antwort. 🙂
Viele Grüße
Daniela Göckeritz
Dr. Annika Lamer meint
Liebe Frau Göckeritz,
Farbwörter würden wohl einen extra Betrag verdienen (vielen Dank für die Anregung), denn das ist tatsächlich nicht so einfach.
Der Duden sagt:
– blau in blau
– die Farbe Blau
– die Farbe der Fahne ist Blau oder blau
Meine Interpretation des letzten Beispiels wäre, dass man die Farbe unterschiedlich erfragen kann:
– Die Farbe der Fahne ist wie? Es ist eine blaue Farbe (Adjektiv).
– Die Farbe der Fahne ist was? Es ist ein Blau (Substantiv).
Ähnlich könnte man auch Ihr Drucker-Beispiel sehen.
– Die Bildpunkte wechseln zwischen schwarz und weiß, zwischen groß und klein. Es sind mal schwarze, mal weiße, mal große, mal kleine Bildpunkte (Adjektiv).
– Die Bildpunkte wechseln zwischen der Farbe Schwarz und der Farbe Weiß (Substantiv).
Demnach ginge beides. Ich würde mich jedoch wie Sie für die Großschreibung entscheiden.
Danke auch für Ihr nettes Feedback! <3
Herzliche Grüße
Annika Lamer
Daniela Goeckeritz meint
Vielen Dank für die schnelle Antwort! 🙂
Jane meint
Liebe Frau Lammer,
ich bin durch Zufall auf Ihre Seite gestoßen und bin begeistert ^^
Ich war auf der Suche nach der Substantivierung von „einzig“. Welche Schreibung würden Sie bevorzugen? Geht man nach der Regel, müsste „einzig“ doch großgeschrieben werden, oder?
Der Aspekt XY ist der Einzige/ einzige, der ….
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Jane,
„einzig“ ist ein Adjektiv, das substantiviert werden kann und dann großgeschrieben wird: „Das ist das Einzige, was mich interessiert.“
In Ihrem Beispiel bezieht sich das Adjektiv allerdings auf ein vorangegangenes Substantiv. Dann wird es kleingeschrieben: „Dieser Aspekt ist der einzige, der zählt.“
Aber: „Dieser Aspekt ist das Einzige, was zählt.“
Danke auch für das nette Feedback!
Beste Grüße
Annika Lamer
Manuel meint
Hallo Annika,
in dem Beispiel „Leider sind etliche nicht gekommen (Pronomen).“, sagst Du es handele sich bei etliche um ein Pronomen. Woran machst Du fest, dass es in diesem Fall als Pronomen und nicht als Zahlwort verwendet wird?
Denn für mich könnte man hier genauso gut Zwei/Fünf oder andere Zahlwörter einsetzen und dann müsste man etliche meines Erachtens nach groß schreiben, da mit etliche dann eine unbestimmte Menge von Menschen gemeint sind und diese hier vorher nicht im Kontext erwähnt wurden.
Ich würde mich über eine Antwort freuen, denn das interessiert mich echt, da ich selbst auch Nachhilfe im Fach Deutsch gebe :).
VG Manuel
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Manuel,
auch Zahlwörter schreibt man klein. Es heißt: „Es sind zwei nicht gekommen.“ (Nicht: *Es sind Zwei nicht gekommen.)
Groß- oder kleinschreiben nach Wahl darf man nur die Zahladjektive, und das sind nur die erwähnten Fälle: viele/die meisten, wenige/die wenigsten, die einen und die anderen.
Nicht allzu logisch, ich weiß. 😉
Viele Grüße
Annika Lamer
Kirsten Kühr meint
ich habe auf einen Zettel das Wort rumschmieren geschrieben. Eine Person sah diesen Zetel und meinte rumschmieren wird gross geschrieben. Stimmt das? und gibt es das Wort überhaupt? Danke sehr.
lb. Grüsse, Kirsten
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Kirsten,
das Wort „rumschmieren“ steht zwar nicht im Duden, aber alles, was verstanden wird, dürfen Sie auch benutzen.
Ohne jeden weiteren Kontext können Sie es wie jedes Verb kleinschreiben. Großschreibung greift nur, wenn eine Substantivierung vorliegt – und dafür gibt es ja gar keinen Anhaltspunkt, wenn das Wort so allein auf einem Zettel steht.
Viele Grüße
Annika Lamer
Tim Graf meint
Habe selten eine so gut gemachte Web-Seite gesehen: Ruhig, puristisch, lesbar – perfekt auf den Inhalt abgestimmt. Ein ästhetischer Genuss – und erstaunlicherweise in gutem Deutsch geschrieben 🙂
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Herr Graf,
vielen Dank! Normalerweise sind solche Formulierungen ein Hinweis auf Spam. Da Sie keine URL angegeben haben, kann das aber nicht der Grund sein und mir bleibt nichts anderes übrig, als Ihr Kompliment anzunehmen. 😉
Viele Grüße
Annika Lamer
Uwe Finkelmeyer-Urban meint
Gaaanz toller Artikel!
Wollte noch eine Begründung finden, warum alle/einzelne usw. klein geschrieben wird. Meine auch nicht unrichtige Begründung war fehlende Konkretisierung — im Grunde läuft das darauf hinaus, ob ein Artikel vorangestellt werden kann oder nicht.
Vera Krömer meint
Liebe Frau Lamer, beim Schreiben eines Artikels stolpere ich über die Groß- oder Kleinschreibung: Die Digitalisierung wird von einigen als Revolution angesehen.
Wie schreibt man einigen in diesem Fall? Herzlichen Dank im Voraus.
Vera Krömer
Dr. Annika Lamer meint
Liebe Frau Krömer,
„einige“ ist ein Pronomen, man schreibt es immer klein. Verwirrend, ich weiß. 😉
Beste Grüße
Annika Lamer
Lutz meint
..mehr gelernt als in der Schule!
Radulph Kader meint
Schönen guten Tag, Frau Lamer,
In einem Text der SZ kommen beide Fälle vor:
„Inzwischen habe auch ich durch Ausprobieren und Üben gelernt, dass mein Baby ganz ohne tragen oder stillen einschlafen kann. Einfach so, im Liegen.“
Groß geschrieben wird „durch Ausprobieren“, „[durch] Üben“, „im Liegen“. So weit klar. Jetzt bin ich aber auch Wortarbeiter, der seit der Rechtschreibreform aber zuweilen verunsichert ist (was vorher nie der Fall war), der sich fragt: „ohne tragen“, „[ohne] stillen müsste doch ebenfalls großgeschrieben werden. Also „ohne Stillen“. In beiden Fällen – „Üben“ wie „Stillen“ ließe sich ein Artikel davor setzen. Oder ist die Präposition „ohne“ der Grund? Oder haben wir es hier mit einem schlichten Fehler zu tun?
Beste Grüße
R. Kader
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Herr Kader,
nach einer Präposition muss großgeschrieben werden, „ohne“ ist keine Ausnahme. Sie liegen also richtig mit Ihrem Unbehagen: Es ist ein Fehler.
Danke für das Beispiel!
Herzliche Grüße
Annika Lamer