Du oder Sie, welche Ansprache ist im Netz am besten? Ist Siezen noch zeitgemäß? Ist Duzen ein Zeichen von mangelndem Respekt? Ist die durch das Siezen gewahrte Distanz etwas Gutes oder etwas Schlechtes? Die Antwort ist nicht eindeutig und niemals leicht.
Kein Wunder also, dass die Dusie-Frage vielen Unternehmer*innen schlaflose Nächte bereitet. Vielleicht schlagen auch Sie sich bei Ihrer Unternehmensgründung gerade damit herum, oder Sie spielen mit dem Gedanken, Ihre Ansprache umzustellen – so wie jüngst Xing das getan hat.
Auch ich stand gerade wieder vor der Frage und habe die Leser*innen meines Newsletters gefragt, wie sie sich mit dem Du fühlen würden. Was sie geantwortet haben und warum ich – wie Sie sehen – weiterhin beim Sie bleibe, möchte ich hier einmal für Sie aufdröseln. Vielleicht hilft das eine oder andere Argument auch Ihnen bei Ihrer Entscheidung.
Warum das Sie in meinem Blog?
Als ich mich 2012 bei der Gründung meines Blogs für das Sie entschieden habe, hatte ich dabei meine potenziellen Textkunden und -kundinnen im Blick. Im beruflichen Kontext sieze ich, es sei denn, der Kunde oder die Kundin tritt von sich aus mit einem Du auf mich zu. Das passiert gefühlt nur in etwa fünf Prozent der Fälle.
Heute ist die Ausgangslage etwas komplizierter:
- Der Blog hat längst eine so starke Eigendynamik entwickelt, dass das Argument „Zielgruppe = Textkunden“ in den Hintergrund tritt.
- Wenn ich als Workshopleiterin auftrete, biete ich meinen Teilnehmer*innen das Du an – zumindest in den offenen Workshops. Vor Kurzem habe ich daher die Ansprache auf den betroffenen Seiten auf Du umgestellt.
- Auf Facebook duze ich ebenfalls.
Die Frage lag nahe, ob ich nicht gleich den ganzen Blog und Newsletter umstelle. Meinen Hauptauftritt, der sich an Textkund*innen richtet, hätte ich beim Sie belassen.
Umstellung ja oder nein?
In meinem letzten Newsletter habe ich meine Leser und Leserinnen daher gefragt: „Wie würde es Ihnen damit gehen, wenn ich Sie auf einmal duze?“ Folgende Reaktionen habe ich bekommen:
- 23 Stimmen fürs Duzen
- 8 Stimmen fürs Siezen, plus weitere 6 in meiner privaten Facebook-Bubble, macht 14 Stimmen
- 4 Enthaltungen (beides gleich gut)
Hätte ich die Frage noch auf meiner Facebook-Unternehmensseite gestellt, hätte ich noch ein paar Antworten mehr bekommen. Ich wollte jedoch nur Leute erreichen, die meinen Blog und meinen Newsletter kennen, das ist auf Facebook ja nicht zwangsweise der Fall.
Welche Argumente habe ich bekommen? Das will ich für Sie einmal sortieren.
Argumente pro Duzen
Argument 1: Das Duzen setzt sich eh durch, Siezen ist altmodisch.
Dieses Argument wurde am häufigsten genannt.
- „Ganz ehrlich? Ich finde es schon immer recht merkwürdig, in einem locker-flockigen Blog, inmitten des digitalen Geschehens, von jemandem gesiezt zu werden, der nicht Mitarbeiter einer Bundes-, Landes- oder kommunalen Behörde ist. Es ist wohl das Internationale, was dabei durchschlägt (…) und eben der Umstand, dass die angloorientierte Welt kein ‚Sie‘ kennt. (…) Es ist Zeitgeist. Es ist vor allem Globalisierung.“
- „Meine Meinung dazu ist, dass das Duzen sich erfreulicherweise durchsetzt und bei Beziehungen, die auf gleichen Interessen – beruflich oder privat – beruhen, nach meinem Gefühl vollkommen angebracht ist. (…) Unter Kolleginnen und Kollegen gehört es schon lange zum guten Ton und auch zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitenden setzt es sich durch, ohne dass es plump oder ungehörig wirkt.“
- „Ich persönlich bin überzeugt vom Duzen, ich finde das einfach zeitgemäß.“
- „Auf der Website und im Blog ‚Sie‘ fühlt sich zunehmend komischer an … Zumal ich den Eindruck habe, dass dem Großteil meiner KundInnen das ‚du‘ lieber ist.“
- „Warum auch nicht – in der vernetzten Online-Welt sind sowieso alle per ‚du‘.“
- „Das setzt sich sowieso immer mehr durch.“
- „Das „Sie“ wirkt für mich irgendwie oft ein wenig veraltet.“
- „In den Social Media setzt sich aber nun doch wohl immer mehr das Du durch und auch im Arbeitsleben in Deutschland, oder?“
- „Beruflich stirbt die Ansprache auch zusehends.“
Argument 2: Das Duzen macht es persönlicher
- „Ich finde es noch direkter, persönlicher und irgendwie auch zeitgemäßer. Das ‚Sie‘ (…) vermittelt in manchen Zusammenhängen so eine Distanz zwischen uns Menschen, die ich schade finde und die es für mich nicht bräuchte.“
- „Andererseits bemerke ich immer wieder – auch an mir selbst –, dass mit dem ‚Du‘ eine Schwelle überschritten oder sozusagen niedriger gemacht wird. Man schreibt gleich anders, ist vertrauter, spricht Themen vielleicht auch ganz anders – direkter – an, wird persönlicher.“
- „Intern sprach bei uns viel für diese Umstellung, einfach auch um mehr Persönlichkeit und weniger Distanz zum Kunden zu demonstrieren.“
- „Es ist das Verbindende, wenn die Thematik sowieso schon verbindet.“
- „Ich begrüße das Duzen in diesem Kontext. Es ist persönlicher und hat mehr Nähe in der Kommunikation, ohne dass eine angemessene Distanz aufgegeben wird.“
Argument 3: Duzen ist einfacher
- „Wie in Skandinavien üblich, vereinfacht es die Ansprache und kann trotzdem mit dem nötigen Respekt geschehen.“
- „Ich glaube für mich wäre es noch intuitiver, Ihre Texte zu lesen und auch hier in dieser Mail zum Beispiel ganz intuitiv das ‚Du-Wort‘ zu benutzen anstatt die Ansprache mit ‚Sie‘.“
Argumente pro Siezen
Fürs Siezen gab es weniger Stimmen als fürs Duzen. Dafür waren die Reaktionen zum Teil heftig: „Umso erstaunter – vielleicht sogar enttäuschter – bin ich, dass sogar Sie jetzt in die Dauer-Duzerei einsteigen!“ „Diesem Niveau [Ihres Newsletters] würde aber Ihre Intention, auf das sich mit jedermann gemeinmachende Du umsteigen zu wollen, heftig widersprechen.“
Ich kenne diese Art Reaktion, wenn es ums Gendern oder um Anglizismen geht. Manchen Menschen ist ihr Sprachempfinden etwas so Heiliges, dass sie auf alles Abweichende mit einem geradezu persönlichen Schmerz reagieren. Aber schauen wir uns lieber die Argumente an.
Argument 1: Nur Siezen vermittelt das nötige Maß an Respekt.
- „Warum nimmt sich mein mehr oder meist weniger bekanntes Gegenüber die Freiheit mich zu duzen? Da vermittelt das förmliche ‚Sie‘ doch mehr Respekt und Achtung – ehrerbietend.“
- „Mit dem zunehmenden Pflichtdutzen ist der gegenseitige Respekt in der Arbeitswelt abhanden gekommen. Es bleibt nämlich nicht allein beim ‚Du‘. Auch die weitere Formulierung der Ansprache verliert beim Duzen an Respekt.“
- „Die (…) Höflichkeitsform birgt meinem Empfinden nach jede Menge mehr Achtung und Wertschätzung als das inzwischen inflationäre und abgenutzte ‚Du‘, welches fälschlicherweise vorgibt, dem Vis-a-Vis auf Augenhöhe zu begegnen.“
- „Wahrscheinlich bin ich Ihre älteste Teilnehmerin, fast 92 Jahre alt. (…) Mir würde die Anrede ‚Sie‘ weiterhin besser gefallen, aber vielleicht bin ich die Einzige, die noch an den höflichen Formen hängt.“
- „Ich mag es sehr, gesiezt zu werden. Ich empfinde das ‚Du‘, das mir von so vielen Seiten entgegenschreit, oft als plump, distanzlos und anbiedernd.“
Argument 2: Duzen sollte einer näheren Beziehung vorbehalten bleiben.
- „Duzen ist das Merkmal einer besonderen Beziehung zueinander. Für mich wird das so bleiben.“
Argument 3: Mein Siezen vermittelt Kompetenz.
- „Ich persönlich hätte keinerlei Problem damit. (…) In deinem Fall aber hätte ich einen Einwand: Ich finde, es passt nicht zu deiner Marke ‘Dr. Annika Lamer‘ und zu der gesamten Art, wie du dein sehr profundes und augenscheinlich seriöses Wissen präsentierst.“
- „Für mich vermittelt [die Anrede mit ‚Sie‘] Respekt vor dem Leser und gleichzeitig ein Bewusstsein der eigenen Kompetenz.“
- „Auch ich handhabe das eigentlich aus dem ‚Bauch‘ heraus, kann aber durchaus einen Unterschied darin sehen, ob ich mich schon in einer Gemeinschaft befinde oder als pädagogisch-didaktische Leitfigur noch vor/über allen stehe. Vielleicht ist das dein Knackpunkt!?“
Argument 4: Mein Siezen ist angenehm sympathisch.
- „Obwohl ich gerne und viel duze (…), finde ich das ‚Sie‘ in deinem Blog angenehm. Es kommt so unaufdringlich daher, was mir in dem Fall sehr sympathisch ist. Ich glaube sogar sympathischer als ein ‚Du‘.“
- „Ich mag das Du normalerweise gerne. Ich genieße aber dein ‚entspanntes Sie‘ auch sehr.“
- „Du verwandelst das ‚Sie‘ in ein gefühltes ‚Du‘.“
- „Ich finde: Das ‚Sie‘ passt zu dir – und das meine ich ganz positiv.“
- „Ich mag Deinen Newsletter haargenau so, wie er ist, und fände eine Umstellung aufs Du tatsächlich auch einen Hauch zu flapsig.“
- „Auch wenn ich mir dabei gerade ein wenig vorkomme wie ein Fräulein Rottenmeier, wollte ich Sie wissen lassen, dass ich die Anrede mit ‚Sie‘ in ihrem Newsletter als sehr angenehm und angebracht empfinde.“
Meine Meinung zu den Dusie-Argumenten
Sie sehen, jede Menge Argumente pro und kontra Duzen. Wie sehe nun ich das?
Das Duzen setzt sich eh durch, Siezen ist altmodisch: Ich habe kein Problem damit, gegen den Strom zu schwimmen. Nur weil in der Arbeitswelt und vor allem im Internet zunehmend geduzt wird, heißt das nicht, dass das auch für meinen Blog das Richtige ist. Selbst wenn mein Siezen zu einem etwas kauzigen Alleinstellungsmerkmal werden sollte, wäre es immerhin ein Alleinstellungsmerkmal.
Das Duzen macht es persönlicher: Im direkten Kontakt, etwa per Mail, würde ich zustimmen. In einem Ratgeberartikel jedoch ist diese persönliche Ebene Augenwischerei. Ich wende mich ja gar nicht wirklich persönlich an Sie.
Duzen ist einfacher: Ich finde nicht, dass die Ansprache mit Du per se einfacher ist, im Gegenteil. Dazu komme ich gleich noch.
Nur Siezen vermittelt das nötige Maß an Respekt: Für mich kann das Duzen genauso viel Respekt ausdrücken wie das Siezen. Dazu muss man aber den Satzbau anpassen. Duzen oder Siezen macht nämlich noch viel mehr mit dem Satz. Ich erkläre es gleich noch.
Duzen sollte einer näheren Beziehung vorbehalten bleiben: Das sehe ich nicht ganz so streng.
Mein Siezen vermittelt Kompetenz: Ich denke, das würde ich auch duzend schaffen, deshalb ist dieses Argument für mich nicht so entscheidend.
Mein Siezen ist angenehm sympathisch: „Du verwandelst das ‚Sie‘ in ein gefühltes ‚Du’“, „unaufdringlich“, „entspanntes Siezen“ – dieses Feedback hat mich sehr gefreut und gerührt.
Und was mache ich nun daraus? Das verrate ich Ihnen jetzt.
Warum ich mich fürs Siezen entscheide
Nach meiner kleinen Umfrage hätte ich mich einfach nach dem Mehrheits-Feedback richten können – und das ging nun mal pro Duzen. Dennoch entscheide ich mich dagegen. Macht mich das zu einer schlechten Unternehmerin, die an den Bedürfnissen ihrer Zielgruppe vorbeitextet? Oder bin ich einfach nur dickköpfig?
Die Sache ist die: Wichtiger als reine Zahlenspiele waren mir die Argumente, die mir meine Leser*innen geschrieben haben. Besonders haben mich Stimmen zum Nachdenken gebracht, die gesagt haben: „Normalerweise mag ich das Du lieber. Aber bei dir, Annika, finde ich das Sie besser.“ Irgendwas scheine ich ja richtig zu machen mit meinem Sie. Aber was?
Drei Gedanken haben sich dabei für mich als wichtig herauskristallisiert:
- Mehrere Leser*innen äußerten, mein Siezen wirke entspannt, unaufdringlich und sympathisch. Das muss man mit einem Du erst mal schaffen.
- Mir gefällt der Kontrast zwischen meiner eher flapsigen Schreibe und dem Sie. Würde ich flapsig schreiben und dabei auch noch duzen, wäre das schnell zu viel der Flapsigkeit.
- Mein Blog ist ein Ratgeberblog. Ich gebe Tipps und Handlungsempfehlungen und greife deshalb oft zum Imperativ. Mit einem Du würde ich leicht in einen überheblichen Ton rutschen.
Vergleichen Sie dazu mal folgende Absätze:
Lassen Sie stattdessen auch Stimmungen und spontane Gedanken zu, spinnen Sie rum. Plaudern Sie, als würden Sie sich mit einem Bekannten unterhalten. So kann sich Ihr Humor schüchtern ans Tageslicht wagen. Sollte das Ergebnis zu albern werden, kein Problem – dann streichen Sie das halt wieder weg. Aber geben Sie dem Witz eine Chance.
Lass stattdessen auch Stimmungen und spontane Gedanken zu, spinne rum. Plaudere, als würdest du dich mit einem Bekannten unterhalten. So kann sich dein Humor schüchtern ans Tageslicht wagen. Sollte das Ergebnis zu albern werden, kein Problem – dann streichst du das halt wieder weg. Aber gib dem Witz eine Chance.
Mir gefällt die Du-Version nicht. Meine Handlungsempfehlungen sind mir mit „du“ zu aufdringlich, zu überheblich – hier, mach das und das, dann hast du Erfolg. Diesen Tonfall findet man oft in anderen Blogs. Ich möchte mich davon absetzen. Kein „du musst“, sondern mehr ein: „Dies sind meine Anregungen, so würde ich es machen.“
Hinzu kommt: Als Leserin empfinde ich das Du oft als befremdlich, weil da jemand so tut, als würde er direkt für mich persönlich schreiben. Wir haben uns daran gewöhnt, spielen das Spiel mit. Aber muss ich es in meinem Blog auch spielen?
Verstehen Sie mich nicht falsch, es ist auch möglich, duzend wertschätzend und sympathisch zu klingen. Dazu müsste ich aber meinen Schreibstil komplett umstellen. Man kann eben nicht einfach nur das Sie durch ein Du austauschen und das war’s.
Umgekehrt ist ein Sie nicht gleichbedeutend mit steif und distanziert. Ich denke, das wird aus meinen Blogbeiträgen ganz gut deutlich.
Meine Dusie-Impulse für Sie
Wenn Sie selbst vor der Dusie-Frage stehen, möchte ich Ihnen noch folgende Impulse auf den Weg geben:
1. Was passt zu Ihnen? Natürlich sollten Sie sich die Frage stellen, mit welcher Anrede sich die Mehrheit Ihrer Kund*innen und Leser*innen wohler fühlt. Wichtig ist aber auch: Womit fühlen Sie sich wohler? Gerade als Einzelunternehmer*in haben Sie hier einen Weg, Persönlichkeit zu zeigen – und die muss nicht allen passen.
2. Gehen Sie nicht nur nach dem Branchenüblichen. Nur weil „alle“ etwas machen, brauchen Sie das nicht auch zu tun.
3. Die Einteilung „Sie = Respekt, Du = persönliche Ebene“ ist zu einfach. Sehr viel passiert auch auf der Ebene Ihres übrigen Schreibstils.
4. Ein Du muss nicht plump sein. Wertschätzende Kommunikation beginnt bei Ihrer Haltung dem Leser, der Leserin gegenüber.
5. Ein Sie muss nicht distanziert sein. Auch mit einem Sie können Sie Nähe schaffen – etwa indem Sie auf Behördendeutsch verzichten und sich verstärkt um Mündlichkeit bemühen.
6. Haben Sie Mut zur Flexibilität. Auf einigen Bereichen Ihrer Website zu siezen und auf anderen zu duzen, ist kein No-Go. Das gilt erst recht für unterschiedliche Auftritte (z. B. Social Media vs. Unternehmenswebsite). Solche Mischungen werden zunehmen, denn unsere Welt wird immer komplexer und lässt sich nicht mehr so leicht in ein Entweder-oder quetschen.
7. Sehen Sie auch die Chancen. So viel Kopfzerbrechen – klar, dass man da neidvoll auf die anglophonen Sprecher schaut, die es so viel einfacher haben. Aber: Es ist auch ein wunderbares Geschenk, das unsere Sprache uns da macht. Es liegt an uns, es zu nutzen.
8. Wie Sie sich auch entscheiden, es wird in Ordnung sein. Duzen ist nicht besser als Siezen, Siezen ist nicht besser als Duzen. Beides darf sein.
Fazit: Lieber unaufdringlich als mit Keule
Wenn Sie mich anschreiben, dürfen Sie mich gerne duzen. Denn dann haben wir ja eine Eins-zu-eins-Situation und ich empfinde das Duzen auch nicht als respektlos. Im Blog und im Newsletter jedoch bleibe ich beim „entspannten Sie“.
Allen Lesern und Leserinnen, die mir ihre Gedanken zu dem Thema geschickt haben, danke ich herzlich. Ich habe für mich spannende Erkenntnisse daraus gewonnen.
Nun würde mich auch weiterhin Ihre Meinung interessieren. Duzen oder siezen? Wo gehen Sie mit, wo nicht? Lassen Sie gerne Ihren Kommentar da.
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Sabrina meint
Liebe Annika, ich habe es leider verpasst, mich an deiner Entscheidungsfindung zu beteiligen, will dir aber noch ein feedback geben. Auch ich war zugegebenermaßen unentschieden, was das anbelangt. Ich finde das Duzen eigentlich schön und gerade im eigenen zunehmenden Alter freut es mich, von Jüngeren noch geduzt zu werden. Tatsächlich empfinde ich das Siezen in deinem Blog aber als passend. Es fühlt sich nicht falsch an. Und genauso passend empfand ich es, in deinem Workshop in kleiner Runde dann zum Du zu wechseln. Es ist oft einfacher, sich mit Vornamen anzusprechen. Mir kommt gerade meine Oberstufenzeit in Erinnerung, als die Lehrer uns plötzlich siezten, aber weiterhin mit Vornamen ansprachen. Ist eigentlich auch eine nette Variante. Ich habe keine wirklichen Pros und Cons für das Eine oder das Andere und kann deshalb nur mit meinem Bauchgefühl argumentieren. Und das sagt: Alles richtig gemacht, beim Sie im Blog zu bleiben und deinen Workshop-Teilnehmern aber das Du anzubieten. Herzliche Grüße!
Dr. Annika Lamer meint
Liebe Sabrina,
wie schön … vielen Dank für dein nettes Feedback. 🙂
Liebe Grüße
Annika
Bettina Kenter-Götte meint
Liebe Frau Lamer,
Danke fürs „Sie“. Ich habe so alternativ gelebt, dass ich der Schrecken aller Tanten und Verwandten war, habe 45 Jahre in WGs gelebt, zucke aber zusammen, wenn ich von 20jährigen SchauspielkollegInnen, die ich noch nie gesehen habe, oder in irgendwelchen Cafés oder Läden vom Personal ungefragt geduzt werde … und ich bin lange Zeit bei „Sie“ geblieben, als ich meinen jetzigen Mann vor acht Jahren kennengelernt habe. Warum? Weil’s schön ist, dass wir die Möglichkeit haben, diesen Unterschied zu machen. Ich fürchte nur, das viele diese diese Feinheiten, die eine Bereicherung sind, schon gar nicht mehr spüren.
Herzliche Grüße Bettina Kenter-Götte
Dr. Annika Lamer meint
Liebe Frau Kenter-Götte,
vielen Dank für dieses schöne Beispiel dafür, dass man auch als Schrecken aller Tanten und Verwandten das Sie schätzen kann. Das mit den Feinheiten ist auch treffend ausgedrückt.
Herzliche Grüße
Annika Lamer
Katharina meint
Ich lebe schon seit längerer Zeit im Ausland, besuche aber regelmäßig meine Eltern in Deutschland. Bei einem dieser Besuche ging ich mit meiner Mutter zu ihrem Stammfriseur. Das ist ein älterer Herr, gut über 70, der sich als Künstler in seinem Metier versteht. Aufgrund des Altersunterschiedes von gut 30 Jahren habe ich ihn spontan gesiezt, er blieb aber konsequent beim Duzen. Das hätte mich nicht weiter gestört, aber seine Lockerheit beim Umgang mit Kunden übertrug sich auch auf seine Arbeit. Er hat mir den Haarschnitt verpasst, den er für richtig hielt und meine Meinung über den recht unglücklichen Kurzhaarschnitt zählte gar nicht. Auf meine Kritik kam die Reaktion: „Da gewöhnst du dich dran.“ Fazit: Ich bin etwas vorsichtig bei Menschen, die selbstverständlich duzen, weil dabei oft das nötige Maß an Respekt fehlt.
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Katharina,
vielen Dank für diese nette (wenn auch zweifellos unschöne) Anekdote. Aber ob es da wirklich einen Zusammenhang gibt?
Herzliche Grüße
Annika Lamer
dr. katharina markgraf meint
Liebe Frau Dr. Lamer,
danke für diesen wieder einmal wunderbaren Blogeintrag und das Bleiben beim „Sie“. Ihre Erklärung ist differenziert, fundiert und einleuchtend – nicht sehr häufig im Netz! Es ist immer eine Freude, neue Einträge zu lesen, da ich immer etwas dazulerne. Und die Entscheidung, beim „Sie“ zu bleiben, empfinde ich als mutig und richtig.
Weiter so und viele Grüße
Dr. Annika Lamer meint
Liebe Frau Markgraf,
vielen Dank für dieses schöne Feedback, das freut mich sehr.
Herzliche Grüße
Annika Lamer
Rudolf Köster meint
Ich stimme Ihnen völlig zu, liebe Frau Dr. Lamer,
und möchte das mit einem persönlichen Beispiel unterstreichen:
In meinem ersten Jahr als Lehrer bekam ich als Klassenlehrer – wie es für junge Kollegen damals üblich war – eine Obersekunda Jungen, die ich zum Abitur führen sollte. Es war der letzte Jahrgang vor Einführung der reformierten Oberstufe in NRW, also noch eine „richtige“ Klasse. Natürlich wurden die Jungs von mir gesiezt, das war 1969 in der Oberstufe so üblich. Im Schnitt war ich nur 9 Jahre älter als meine Schüler, und wir haben viel Spaß miteinander gehabt, was bis heute andauert – inzwischen in einer WhatsApp-Gruppe mit fast allen damaligen Schülern.
Da das Verhältnis immer persönlicher wurde, hat es mich auch nicht gewundert, dass die Jungs mich nach einiger Zeit baten, sie doch einfach auch im Deutschunterricht zu duzen, im Sportunterricht ginge es doch auch, da würde ich doch auch nicht sagen: „Nun bauen Sie doch endlich mal mehr Körperspannung beim Schwungholen auf!“ Ein klasse Argument, fand ich, das mich auch ein wenig ehrte. Aber als sie vorschlugen, das auch gegenseitig zu tun, fand ich das nicht angemessen. Es blieb also beim gegenseitigen „Sie“ außerhalb bestimmter Sportsituationen. Auch aus Eigennutz, was ich etwa so verdeutlichte:
Wenn ich eine Hausaufgabe stelle, ist es doch ein gewaltiger Unterschied für mich, ob ich: „Ist das nicht deutlich zuviel, was Du uns da zumutest, Rudolf?“ zu hören bekomme oder: „Ist das nicht deutlich zuviel, was Sie uns da zumuten, Herr Köster?“ Das hat überzeugt, weil es eine rollgemäße Kommunikation beschreibt, und dabei dennoch gegenseitiger Zuneigung zulässt. Bei der Abiturfeier habe ich dann allen das Du angeboten, das sie sich in den drei Jahren redlich verdient hatten.
Ich weiß, dass dieses Beispiel inzwischen ein halbes Jahrhundert her ist, aber ich würde es auch heute noch so halten.
Mir herzlichem Gruß
Rudolf Köster
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Herr Köster,
vielen Dank für Ihre Gedanken. Ihr Beispiel „Ist das nicht deutlich zuviel, was Sie uns da zumuten, Herr Köster?“ passt zu meinem Argument: Mit einem Sie kann ich flapsiger schreiben. Mit einem Du kann man sich so etwas nicht so leicht erlauben.
Sicher war es ein schöner Moment, als Sie Ihren Schülern bei der Abiturfeier dann das Du angeboten haben.
Herzliche Grüße
Annika Lamer
Lilian wach meint
Liebe Frau Dr. Lamer,
ich gratuliere zu Ihrem Entschluss, beim „Sie“ zu bleiben und danke Ihnen dafür.
Als vor vielen, vielen Jahren das bekannte schwedische Möbelhaus mit der Duzerei begann, war ich, ganz ehrlich gesagt, sehr empört und beschloss, dort niemals einzukaufen. Lange habe ich das auch durchgehalten, doch nachdem dann das Geduze nahezu seuchenartig um sich griff, habe ich erstmals auch beim großen Schweden eingekauft.
Trotzdem stört mich, gerade im Geschäftsleben, dieses plump-vertrauliche „Du“ immens. Eine Zeitlang habe ich es hingenommen, doch heute antworte ich Firmen, die mich gleich einmal duzen, ich würde gerne bei ihnen einkaufen, vorausgesetzt, sie bringen mir das Mindestmaß an Respekt entgegen, mich per „Sie“ anzusprechen. Was soll ich Ihnen sagen? Es funktioniert!
Auch in meiner persönlichen Berufswelt bleibe ich, zumindest für längere Zeit, gerne beim „Sie“. Kollegen sind keine Freunde und ich möchte eine gewisse Distanz wahren, wenn das so bleibt. Gerade in der Arbeitswelt fällt es so viel schwerer „Sie Trottel“ zu sagen, als „Du Trottel“, was einem viel leichter über die Lippen kommt.
Mein letztes Argument: Ich möchte mein „Du“ verschenken dürfen, mein Gegenüber damit auszeichnen oder selbst dadurch ausgezeichnet werden, Nähe vermitteln oder vermittelt bekommen.
In den sozialen Medien passe ich mich an und duze, weil es so gewünscht wird. Das fällt mir leichter, weil ich kaum jemanden je persönlich kennenlerne und die meisten Personen für mich sehr abstrakt sind. Allerdings ziehe ich mich mehr und mehr von den diversen Plattformen zurück, da ich immer öfter sehe, wieviel Zeit man damit unnötig verschwendet. Aber das ist ein ganz anderes Kapitel.
Nochmals vielen Dank für Ihr „Sie“ und die vielen interessanten Beiträge
Lilian W.
Dr. Annika Lamer meint
Liebe Frau Wach,
vielen Dank für Ihre Sichtweise. Es ist schon interessant, wie sehr es in diesem Punkt auseinandergehen kann.
Herzliche Grüße
Annika Lamer
Werner Keller meint
Die Argumente für das Beibehalten des „Sie“ sind stichhaltiger als die für das „Du“ vorgetragenen. Der Hinweis auf den Usus der „angloorientierten“ Welt, also die ständige Benutzung von „you“, ist leider ein Zeichen von Unkenntnis. Ich lebe als Auslandsdeutscher in Irland und möchte dazu Folgendes anmerken: Obwohl stets „you“ benutzt wird, gibt es Nuancen. Die Benutzung von „you“ schließt nicht die Benutzung von Vornamen ein. Diese erfordert Angebot und Annahme. Dazu eine amüsante Anekdote. Der britische Premierminister Tony Blair und seine Frau Cherie waren seinerzeit von der britischen Königin zu einem Besuch des Landsitzes Balmoral eingeladen worden. Im Rahmen dieses Besuches wurde das Ehepaar Blair auch Prinzessin Anne vorgestellt. Frau Blair reichte Prinzessin Anne die Hand und sagte: „Ich bin Cherie“ in der recht optimistischen Erwartung, dass diese in gleicher Weise reagieren würde. Prinzessin Anne antwortete jedoch: „Wir sollten es bei Frau Blair belassen.“ (Mrs. Blair will do). Das war die englische Version des „Sie“.
Dr. Annika Lamer meint
Lieber Herr Keller,
danke für den Rückhalt und die nette Story.
Herzliche Grüße
Annika Lamer
Sabine s. meint
Liebe Frau Lamer,
auch ich bin dankbar, wenn mit dem ‚Sie‘ begonnen wird. Ändern läßt sich das immer noch. Andersrum – vom ‚Du‘ wieder auf das ‚Sie‘ zu wechseln bei Bedarf – ist sehr viel schwieriger …
Für mich kommt es auf Alter (des Gegenübers; ich bin 57), Sitiuation und Ort an.
Das Duzen von Firmen u.ä., wo ich etwas kaufe / gekauft habe, empfinde ich als sehr aufdringlich (außer bei Ikea, da kennt man es schon lange… *ggg*). Ich kenne die Leute nicht! Und will sie auch nicht näher kennenlernen. Da wäre etwas Abstand angebracht.
Im Kollegenkreis / Beruf ist das Du für mich inzwischen meist okay. Interessanterweise lassen sich aber nach wie vor um einiges höher stehende Personen siezen; da erwarte ich allerdings ein ‚Sie‘ zurück. Und auch bei meinen Patienten empfinde ich es als zu ‚intim‘ geduzt zu werden. Früher (manchmal auch heute), hab ich dann gefragt, „ob wir schon zusammen Schweine gehütet hätten“ ;-)? Ich weiß gar nicht mehr, woher der Ausdruck kommt )
Ein ‚Sie‘ schafft durchaus etwas Abstand oder Distanz. Nähe kann je nach Ausdrucksweise dennoch entstehen.
Eine ältere Kollegin sagte vor langer Zeit zu mir, warum sie sich lieber siezen läßt: „Es sagt sich leichter ‚Du Arschloch als Sie Arschloch.“
Da triffts exakt …
Herzliche Grüße
Sabine S.
Dr. Annika Lamer meint
Liebe Sabine,
es ist ja gar nicht so einfach, ein vorgetragenes Du abzulehnen, ohne sein Gegenüber zu brüskieren. Die Frage, ob man schon zusammen Schweine gehütet habe, erscheint mir da ein ganz netter Weg. Wenn es gut läuft, kann man gemeinsam drüber lachen und es entsteht keine Missstimmung.
Herzliche Grüße
Annika Lamer
Liane meint
Ich duze sehr gern und oft und fühle mich bei Menschen, die das Sie erzwingen, oft eingeengt und zurückgewiesen. Wenn mir jemand vorwerfen würde, ich sei nicht respektvoll, weil ich duze, würde ich mich angegriffen fühlen, weil das Du für mich eine wertschätzende Bedeutung hat so nach dem Motto: „Du bist mir wichtig und deshalb duze ich dich.“ Das kann auch mal ein Geschäftspartner sein.
Ich lasse stets mein Gefühl entscheiden, ob ich duze oder sieze. Zu 99% stimmt’s. ?
Trotzdem finde ich das Sie vornehmer und besonders im Businessleben und bei älteren Menschen passender. Es wäre schon schade, wenn das Sie ausstirbt, weil es einfach mehr Höflichkeit vermittelt. Zum Vermieter, zum Anwalt und Co. ist Sie einfach angebracht, weil es eine gewisse Kompetenz vermittelt. Außerdem will ich mit diesen Menschen nicht auf gut Kumpel machen. DuSie ist in meinen Augen vor allem branchenabhängig.
In deinem Blog finde ich das Sie angenehm und wie du schon schreibst, kommt es auf den gesamten Text an.
Sie ist an dieser Stelle wirklich eine gute Entscheidung,
Von Grund auf ist für mich als beides ok.
Was mich eher stört ist das „Hallo“. Wenn mir so Geschäftspartner und Kunden schreiben, fühlt sich das für mich unhöflich und unpersönlich an. Sehr geehrte ist mir aber auch zu abgedroschen. Das klingt, als kniet einer vor mir und mag ich auch nicht.
Ich nutze am meisten „Liebe/r …“, weil es nach einem Kompliment klingt. Hallo schreibe ich vor allem dann, wenn ich das Gegenüber als komisch empfinde, als undankbar, fordernd und unsympathisch. Aber jetzt gehe ich gerade in ein ganz anderes Thema rein. ? Wäre aber wirklich interessant, wie andere Leute zur Begrüßungsform stehen…
Herzlichst
Liane
Uta meint
Das ist ja interessant. Ich verbinde Liebe/r eher mit der Familie und Sehr geehrte/r mit einer neutralen geschäftlichen Grußformel. Hallo + Name gehört für mich zur täglichen Geschäftskommunikation. Begrüßungen ohne Namen haben bei mir geringe Priorität, das ist natürlich individuell vom Arbeitsfeld abhängig.
Ich störe mich aber nicht an der Begrüßungsform. Der Absender kann ja schließlich nicht wissen, welche ich bevorzuge.
Dr. Annika Lamer meint
Liebe Liane,
danke für deinen Kommentar, der noch mal die Konflikte zwischen Duzern und Siezern aufzeigt (sich eingeengt und zurückgewiesen fühlen).
Ja, das mit der Anrede ist auch so ein Thema. „Sehr geehrte/r“ ist mir definitiv zu steif. Schreibt mich ein Kunde oder eine Kundin so an, antworte ich meist mit „Guten Morgen“, „Guten Tag“, „Guten Abend“. Danach käme für mich das „Hallo“ und zum Schluss erst das „Liebe/r“.
Viele Grüße
Annika Lamer
Hans-Werner meint
Moin,
ich war zwar nicht gegen das „Du“, aber die Argumente für „Sie“ habe ich verstanden und kann sie nachvollziehen. Das Thema ist vielschichtig und beginnt bereits bei der Anrede: Sehr geehrte(r) oder Liebe(r), ferner ist zu entscheiden, wie man Anrede und Name kombiniert – es z. B. durchaus üblich, einen Kommunikations-Partner mit Sie und trotzdem mit dem Vornamen anzureden (gängige Praxis von Lehrer zu Schüler).
Respekt zollt man nach meiner Ansicht nicht durch Sie statt Du, sondern viel mehr durch Wortwahl und Fehlerfreiheit (oder wenigstens weitestgehende Fehlerarmut).
Als echter Norddeutscher kann ich mich oft aus der Affäre ziehen mit der kurzen zu jeder Tages- und Nachtzeit gültigen neutralen Begrüßung „Moin“, die sich von Nord- und Ostfriesland mittlerweile in ganz Norddeutschland durchgesetzt hat. Besonders nützlich ist diese Anrede als Ersatz für „Sehr geehrte Damen und Herren“ und überdies besser als „Hallo“ ohne Name.
Mir gefällt die Anrede „Du“, wenn ich in einem Forum um Rat Frage (da duzen sich alle), oder wenn ich einen Apple-Shop betrete – das vermittelt Geborgenheit. Das IKEA-Du ist mir bisher nur schriftlich begegnet und deshalb unproblematisch. Persönlich wurde ich immer mit Sie angesprochen.
Um zum Punkt zu kommen: Hier bin ich offen für beide Versionen – und wenn es jetzt mit „Sie“ weitergeht, empfinde ich dieselbe intellektuelle Freundschaft und Nähe wie mit „Du“.
Herzlichst – Ihr Hans-Werner Leopold
Dr. Annika Lamer meint
Lieber Herr Leopold,
vielen Dank für Ihre Sichtweise. Sie scheinen es ähnlich leicht zu nehmen wie ich. Und vielen Dank für die „intellektuelle Freundschaft“. 🙂
Viele Grüße
Annika Lamer
Uta Schulz meint
Schön, dass das Sie bleibt! Ich hatte die Umfrage ja leider vepasst, hätte andernfalls jedoch aus reinem Eigennutz Argumente für das Sie angeführt.
Im Berufsleben gibt mir das Sie mehr Klarheit.
Bot mir eine vorgesetzte Person früher das Du an, weil das dann persönlicher wäre und man hier flache Hirarchien hätte, fragte ich mich als erstes, warum wir es denn persönlicher brauchten und auf welcher Seite die Hirarchie eigentlich abflachte, war es am Ende doch die vorgesetzte Person, die mich kündigen konnte und nicht anders herum.
Heute arbeite ich zu 99 % mit Menschen zusammen, die ich noch nie persönlich getroffen habe. Da fällt es mir ausgesprochen schwer, am Telefon zu duzen, wenn der Kunde das gern möchte, ich muss mich dann immer sehr konzentrieren.
Ich teile das Gefühl nicht, dass das Du den Kontakt persönlicher macht. Denn der kann auch mit dem Sie außerordentlich persönlich sein. Vertrauen ist für mich keine Frage von Du oder Sie. Außerdem fehlt mir bei der Vermischerei die Klarheit. Für mich sind das alles Kunden, der eine möglicherweise netter als der andere, egal, sie sind Teil meines Berufslebens. Neben den verhandelten Preisen und bevorzugten Kommunikationskanälen muss ich mir nun auch immer noch notieren, ob die Person geduzt oder gesiezt werden möchte. Das ist zwar professionell, aber auch ein Mehraufwand. Und stellen Sie sich das Chaos nur mal auf der Fachmesse vor, auf der man diese Kunden dann trifft – und was denken die wohl voneinander, wenn der eine geduzt und der andere gesiezt wird?
Die Berufsetikette ist voller Fallgruben, da würde mir ein allgemeines Sie das Leben einfach erleichtern. Dieser Blog ist Teil meines Berufslebens und deshalb ist er für mich genau richtig, so wie er ist – auf Sie.
Dr. Annika Lamer meint
Liebe Frau Schulz,
vielen Dank für Ihren Rückhalt.
„Ich teile das Gefühl nicht, dass das Du den Kontakt persönlicher macht. Denn der kann auch mit dem Sie außerordentlich persönlich sein.“
Ganz genau.
Der Aspekt, dass ein durchgängiges Siezen im beruflichen Kontext es einfacher und eindeutiger machen würde, ist auch nicht von der Hand zu weisen.
Viele Grüße
Annika Lamer
Jan Bonitz meint
Sehr geehrte Frau Dr. Lamer,
Vielen Dank für diesen ehrlichen Artikel. Leider habe auch ich die Abstimmung verpasst, so ist es halt manchmal.
Persönlich finde ich Ihre Entscheidung sehr gut. Da unser deutsche Muttersprache nun mal Unterschiede bereitstellt, sollten wir diese auch nutzen. Auch im Englischen lassen sich in der Ansprache feine Unterschiede erkennen – und respektvoll wirkt ein „Sie“ allemal.
Ja, zeitweise ist es schwer zu entscheiden, wie man jemanden gegenüber tritt. Gerade in einem Blog (oder auch Webseite) spricht man eine breitgefächerte Zielgruppe an, die Gefahr mit einem „Du“ daneben zu liegen ist wohl höher als beim förmlichen „Sie“ (meine Meinung).
Kommt man mit einem Gesprächspartnern gut zurecht, stellt sich Vertrauen ein, steht einem Wechsel vom „Sie“ zum „Du“ nicht wirklich was im Wege.
Kleine Anekdote am Rande: Unsere Nachbarn, er Deutscher 65J., sie Japanerin (etwas jünger), wohnen jetzt seit 12 Jahren nebeneinander. Sie von Anfang an direkt beim „Du“, er blieb sehr lange beim „Sie“ – da ich jünger und Anstand gelernt habe – und wechselte im letzten Jahr langsam und vorsichtig zum „Du“. Wir verstehen uns gut und unterstützen uns hin und wieder. Wichtig ist halt ein respektvoller Umgang.
Freue mich auf Ihre vielen weiteren Blogbeiträge. Immer wieder erfrischend und viel neues dabei, jedoch auch Bekanntes zum Auffrischen.
Beste Grüße Jan Bonitz
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Herr Bonitz,
vielen Dank für Ihre Meinung und das nette Feedback.
„Gerade in einem Blog (oder auch Webseite) spricht man eine breitgefächerte Zielgruppe an, die Gefahr mit einem ‚Du‘ daneben zu liegen ist wohl höher als beim förmlichen ‚Sie‘.“
Das scheint sich aber langsam umzukehren. Die Newsletter, die ich bekomme, duzen alle.
Ja, ab wann man im Alltagsleben zum Du wechselt, ist gar nicht so leicht, wie Ihre Geschichte mit den Nachbarn zeigt. Für mich ist die Lösung, mir nicht allzu sehr den Kopf darüber zu zerbrechen. Ich gehe nach Gefühl oder passe mich meinem Gegenüber an.
Viele Grüße
Annika Lamer
Erik meint
Liebe Frau Lamer,
Schon wieder eine sehr interessante Blog. Ich mochte vor allem Ihren Gedanke, dass ihr flapsiger Stil schon unaufdringlich ist, und das „Sie“ für einen schönen Kontrast sorgt. Schön gesagt!
Übrigens bin ich, fürchte ich, auch einer der Gegner der Idee das alles was neu ist, auch besser ist. Vor allem wenn es dabei um Einflüsse aus dem Englisch geht.
Viele Grüße,
Erik
PS: „Nach meiner kleinen Umfrage hätte mich einfach nach dem Mehrheits-Feedback richten können“: Da scheint mir ein Subjekt „ich“ zu fehlen…? 🙂
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Erik,
danke für Ihr nettes Feedback – und für den Hinweis auf das fehlende „ich“. 🙂
Viele Grüße
Annika Lamer
Carina Huhn meint
Hallo Frau Dr. Lamer,
ich habe diesen Beitrag sehr genossen. Ich arbeite als Übersetzerin in England und stehe sehr häufig vor dieser Frage, da auf Englisch ja alles ein „you“ ist. Englische Projektmanager bekommen häufig von ihren deutschen Mitarbeitern die vereinfachte Antwort: „Sie“ ist altbacken und „Du“ ist cooler (wobei es dann auch noch klein geschrieben werden soll).
Ich finde das „Du“ für einige Unternehmen unpassend und assoziiere es eher mit Unternehmen, die ein jüngeres Zielpublikum ansprechen wollen. Ich finde das „Sie“ auch respektvoller und professioneller.
Noch ein Punkt, der vielleicht interessant ist: Viele Unternehmen, die mit dem „du“ fahren, entscheiden sich meiner Erfahrung nach dennoch für das „Sie“ bei Rechnungen, Bestellbestätigungen, AGBs und anderen legalen Einzelheiten auf der Webseite. Das spricht irgendwie auch dafür, das es letztendlich Vertrauen erweckt.
Für Social Media finde ich das „du“ hingegen passend. Daher gratuliere ich Ihnen zu Ihrer Handhabung 😉
Dieses Argument hat mir besonders gefallen:
Mein Blog ist ein Ratgeberblog. Ich gebe Tipps und Handlungsempfehlungen und greife deshalb oft zum Imperativ. Mit einem Du würde ich leicht in einen überheblichen Ton rutschen.
Herzlichen Dank für Ihren Beitrag. Ich werde Ihre Liste für die Entscheidungsfindung sicherlich noch häufig konsultieren und habe sie direkt meinen Favoriten hinzugefügt.
Alles Gute für Ihr Unternehmen!
Viele Grüße
Carina
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Carina,
vielen Dank für Ihren Rückenwind. Ich denke auch, einfach nur „altbacken vs. cool“ ist viel zu kurz gedacht.
Ich beneide Sie nicht drum, dass Sie sich als Übersetzerin öfter mit der Frage herumschlagen müssen. Alles Gute dafür!
Viele Grüße nach England
Annika Lamer
Joseann Freyer-Lindner meint
Liebe Frau Dr. Lamer,
vielen Dank für diesen Blog-Post. Ich quäle mich auch gerade mit dieser Entscheidung. Ich arbeite im Tourismus und dort ist das Du noch viel verbreiteter, aber ich persönlich fühle mich viel wohler mit dem Sie, gerade auch und vor allem als „Distanzmittel“. Ich erlebe es immer wieder, dass ein „Du“ leicht missbraucht wird. Das „Du“ erschafft oft so eine Art „Scheinfreundschaft“ und ich erlebe es immer häufiger, dass es den Kunden leichter fällt, ungerechtfertigte Ansprüche zu stellen oder Sonderwünsche zu verlangen (unbezahlt) und mir schwerer, diese abzulehnen (bzw. sie zu berechnen), denn eigentlich sind es ja „Freundschaftsdienste“. Ihr Post hat mir geholfen, vorerst zu meinem Sie zu stehen (bis ich gelernt habe, auch im „Du“ Distanz zu wahren 😉 ), Vielen Dank!
Dr. Annika Lamer meint
Liebe Frau Freyer-Lindner,
auch das ist ein interessanter Aspekt, vielen Dank dafür.
Herzliche Grüße
Annika Lamer
Bernhard bürger meint
Liebe Frau Dr. Lamer,
Gestern hatte ich, vor dem Abschluss einer Online-Versicherung, den „Beratungsbutton“ gedrückt. Die kurze Bemerkung auf meine Frage war: „Hast du die PDFs gelesen?“. Ich verbat mit sehr freundlich das „Du“ und bat um eine doch passendere Beratung. „Leider kann ich dir keine Versicherung anbieten. Suche dir eine andere Gesellschaft.“
Das verstehe ich unter einem niveaulosem „Du“.
Liebe Grüße
Bernhard Bürger
Hanna meint
Liebe Annika,
ich danke Ihnen für den sehr interessanten Artikel. Ich bin darauf gestoßen, weil ich Rat suche für den Text einer Webseite. Um einerseits Nähe zu zeigen, aber dennoch einen professionellen Ton anzuschlagen überlege ich mir gerade, ob es Sinn macht, „Du“ und „Sie“ zu mischen. „Du“ für ganz plakative, kurz und knapp formulierte Teaser (Kleinbuchstaben, aber große Schriftgröße), ca. 4-5 auf der gesamten Webseite. „Sie“ für alle Untertitel und den Fliesstext.
Könnten Sie sich eine derartige Kombination vorstellen? Wirkt das verwirrend? Während die mit „Sie“ formulierten Texte Informationscharakter haben, sollen die „Du“ Texte eher Emotionen auslösen. Ihre Meinung dazu würde mich sehr interessieren!
Im Geschäftsalltag oder in der Konversation mit Unbekannten liebe ich übrigens die Version „Sie“ + Vorname. Das finde ich sowohl elegant als auch sympathisch und nahbar. Daher habe ich mir – unbekannterweise – erlaubt, Sie mit Vornamen anzusprechen.
Herzlich,
Hanna
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Hanna,
vielen Dank für Ihren Kommentar. Ich hatte eine solche Mischung unlängst in einem Sachbuch – du in den Überschriften, Sie im Fließtext. Das hat super funktioniert. Ich persönlich mag solche kreativen Lösungen. Sicher gibt es aber auch viele Leute, denen das aufstößt. Da muss man dann drüberstehen.
In Ihrem Fall wäre noch die Frage, ob die Untertitel direkt unter dem Teaser stehen oder ob die Teaser deutlich abgesetzt sind und für sich stehen. Dann könnte es funktionieren.
Viele Grüße
Annika