
Wird ein Verb wie ein Substantiv gebraucht, schreibt man es groß. Das Warten, das Träumen, das Aufstehen. Nicht immer ist die Substantivierung jedoch so leicht zu erkennen. Schauen wir uns das heute mal im Detail an.
Woran erkenne ich eine Substantivierung?
1. Am Artikel
Der einfachste Fall ist, wenn „das“, „dieses“ oder „ein“ vor dem Verb steht.
- Das Wandern ist des Müllers Lust.
- Dieses Bellen nervt.
- Ein Zwinkern, ein Lächeln – und schon ist es um mich geschehen.
2. Am Possessivpronomen
So ein Possessivpronomen ist auch wie ein Artikel.
- Dein Warten hat sich gelohnt.
- Unser Hoffen ist das, was uns verbindet.
3. An einer Präposition
Der Artikel kann auch in einer Präposition „versteckt“ sein:
- Zum Lachen geht er in den Keller.
- Beim Malen singen sie laute Lieder.
- Im Tanzen finde ich Erfüllung.
- Sie ist ständig am Putzen.
- Ich entscheide mich fürs Mitkommen.
In den Präpositionen steckt jeweils ein „dem“ oder „das“.
4. Am Wort „kein“
„Kein“ bedeutet „nicht ein“ – auch hier haben wir also einen Artikel:
- Kein Lachen der Welt ist so schön wie deins.
5. Am vorangestellten Adjektiv
Außerdem erkennen Sie eine Substantivierung an einem vorangestellten Adjektiv.
- Lautes Lachen mag er nicht.
- Langes Warten ist doch öde.
6. An den Wörtern „durch“ und „ohne“
Auch auf „durch“ und „ohne“ folgt Großschreibung:
- Erfolg durch Lernen
- Erfolg ohne Lernen
Anders jedoch, wenn ein „zu“ hinzutritt – darauf komme ich gleich.
Infinitive, die keine Substantivierung sind
Im Unterschied zu den Substantivierungen gibt es die einfachen Infinitive. Sieht erst mal genauso aus, schreibt man jedoch klein.
1. Konstruktionen mit „zu“
Ein „zu“ weist auf eine kleingeschriebene Infinitivkonstruktion hin.
- Zu singen macht mir Freude.
- Damit haben Sie Erfolg, ohne zu lernen.
- Aber: Erfolg ohne Lernen
Das „zu“ macht hier also den Unterschied.
2. Vorangestelltes Adverb
Auch ein vorangestelltes Adverb zeigt, dass Sie Ihren Infinitiv kleinschreiben müssen:
- Reparieren ist nachhaltiger als neu kaufen.
- Laut bellen kann er.
Den Unterschied zwischen Adverb und Adjektiv erkennen Sie daran, ob die Form flektiert ist, also ein -es mit sich trägt.
- Mit Adverb: Früh schlafen gehen mag ich nicht.
- Mit Adjektiv: Frühes Schlafengehen mag ich nicht.
Infinitivkonstruktion oder Substantivierung?
Nicht immer ist der Fall jedoch so leicht zu entscheiden. Nehmen wir folgendes Beispiel:
- Denn MITMACHEN ist besser als ZUSCHAUEN.
Groß oder klein? Ich habe hier weder Präposition, Artikel noch sonstige Hinweise.
Ich könnte (in Gedanken) einen Artikel oder ein Adjektiv ergänzen, dann habe ich eine Substantivierung:
- Das Mitmachen ist besser als das Zuschauen.
- Spontanes Mitmachen ist besser als langes Zuschauen.
Ebenso könnte ich aber mit einem Adverb erweitern:
- Spontan mitmachen ist besser als lange zuschauen.
Dann müsste ich die Infinitive kleinschreiben.
Also, Substantivierung oder nicht? Beide Auffassungen sind möglich, deshalb sind auch beide Schreibweisen erlaubt.
- Denn Mitmachen ist besser als Zuschauen.
- Denn mitmachen ist besser als zuschauen.
Dass es so unentschieden ist, kommt öfter vor.
- Ja, Singen macht mir Freude.
- Ja, singen macht mir Freude.
Man könnte hier sowohl „das Singen“ als auch „zu singen“ ergänzen. Beide Schreibweisen sind möglich. Nur mischen dürfen Sie sie nicht innerhalb eines Satzes.
Das bedeutet im Umkehrschluss: Haben Sie zwei Verben und eins davon hat einen Marker, der auf Groß- oder Kleinschreibung hinweist, schreiben Sie das andere Verb genauso.
- Ja, singen und damit auftreten macht mir Freude.
„Damit“ ist ein Adverb (schwer zu erkennen, ich weiß). Ergo müssen Sie „auftreten“ kleinschreiben und „singen“ ebenfalls.
Substantivierungen mit mehreren Bestandteilen
Tritt zum substantivierten Verb ein weiteres Wort, das mit ihm eine Gruppe bildet, müssen Sie entweder zusammenschreiben oder durchkoppeln. Falsch wäre also die Getrenntschreibung (nicht: *Danke fürs dabei Sein).
Je kürzer und übersichtlicher die Substantivierung, desto eher spricht das für Zusammenschreibung. Also zum Beispiel:
- Danke fürs Dabeisein.
- Frühes Schlafengehen mag ich nicht.
- Beim Kuchenbacken hatten wir viel Spaß.
- Die praktische Dose zum Selbstbefüllen.
- Das Radfahren habe ich schnell gelernt.
Wird es jedoch unübersichtlich, sollten Sie durchkoppeln. Das ist meist ab drei Bestandteilen der Fall.
- Das Sich-gehen-Lassen war seine Therapie.
- Das Durch-die-Blume-Sagen beherrscht sie perfekt.
- Dieses Kein-Blatt-vor-den-Mund-Nehmen ist doch nur eine Masche.
Beim Koppeln werden das erste Wort, der substantivierte Infinitiv (in meinen Beispielen: Lassen, Sagen, Nehmen) sowie natürlich alle Substantive großgeschrieben.
Fazit: Ein Hoch auf große Verben
Werden Verben wie ein Substantiv verwendet, schreibt man sie groß. Sie erkennen das an Markern wie einem Artikel, Possessivpronomen oder Adjektiv. Nicht immer ist die Substantivierung eindeutig. Dann haben Sie die Wahl zwischen Groß- und Kleinschreibung.
Lesen Sie auch:
Richtig schreiben: Groß oder klein? Substantivierungen, Pronomen & Co.
Beliebte Rechtschreibfehler: Großschreibung oder Kleinschreibung?
Richtig schreiben: Welcher Fall nach …?
Wow, ich habe bisher nie bewusst darüber nachgedacht, wie und warum die einzelnen Bestandteile beim Koppeln geschrieben werden. Vielen Dank für den Input (natürlich auch zum Thema generell 🙂 )!
Das ist wirklich gut verständlich und übersichtlich erklärt, Dankeschön!