Heute möchte ich mich einem Thema nähern, das gar nicht so leicht zu greifen ist. Humor! Texte, die Humor haben, sind starke Texte. Es ist nicht möglich, einen Text witzig zu finden und nicht zu mögen. Aber was genau macht Humor aus? Und vor allem, wie findet man zu ihm, wie kriegt man ihn rein in einen Text?
Nun ist ein Unternehmenstext keine Comedy-Nummer. Sie brauchen also nicht den Anspruch zu haben, dass Ihr Leser, Ihre Leserin Tränen lacht. Nein, es geht um einen viel subtileren Humor. Der Leser soll nicht denken: Haha, das ist ja ein echt lustiger Text. Das ist gar nicht das Ziel. Es reicht, wenn er Sie einfach sympathisch findet.
Klingt jetzt irgendwie nach Manipulation? Ach Quatsch. Im Grunde geht es nur darum, dass Sie sich trauen, Ihren vorhandenen Humor durchscheinen zu lassen. Wenn Sie keinen Humor haben, können Sie’s eh vergessen. Herbeitexten lässt er sich nicht.
Eine genaue Anleitung werde ich Ihnen also nicht geben können – aber doch ein paar Anregungen, wie es Ihnen gelingen kann, humorvolle Texte zu schreiben.
Wo ist Humor erlaubt?
Klar, es gibt Situationen, da wäre Humor fehl am Platz. Etwa wenn sich ein Kunde mit einer Beschwerde an Sie wendet – und Sie antworten witzig. Ich bin mir sicher, Sie haben dafür ein Gespür. Gut funktioniert Humor hier:
- im Blogbeitrag und Newsletter
- im Social-Media-Posting
- in bestimmten Fällen auch auf Ihrer Website, zum Beispiel auf der Startseite oder in Ihrer Über-uns-Seite
„In bestimmten Fällen“: Es muss dem Thema angemessen sein, ganz klar.
Schauen wir uns einmal an, mit welchen Techniken Sie Witz in Ihre Texte bringen können.
Humortechnik Nummer 1: Übertreibung
Die erste Technik ist Übertreibung. Sie überziehen dann etwas.
Dazu zeige ich Ihnen mal ein paar Beispiele aus meinem eigenen Fundus. In meinem Newsletter habe ich letztens folgende Szene skizziert:
Stellen Sie sich vor, Sie kommen in einen Laden und der Verkäufer sagt zu Ihnen: „Bezug nehmend auf Ihre Bestellung habe ich eine gute Nachricht für Sie.“
Oje. Zu viel Hitze, oder? Besorgt reichen Sie dem Verkäufer ein Glas Wasser.
Dass man dem Verkäufer besorgt ein Glas Wasser reichen würde, ist natürlich eine Übertreibung. Ich habe die Szene bewusst auf die Spitze getrieben.
In einem anderen Beitrag habe ich geschrieben:
Ist es ein Anglizismus, mit dem ich leben kann, oder krieg ich davon Pusteln?
Sie sehen, die Pusteln sind übertrieben. Noch ein Beispiel:
Geschlechtergerechte Sprache: Ein Thema, das polarisiert. Befürworter und Gegner liegen sich erbittert in den Haaren. Tassen fliegen, eine Vase geht zu Bruch.
Auch das ist (hoffentlich) eine Übertreibung.
Humortechnik Nummer 2: Selbstironie
Die zweite Technik ist, sich selbst auf die Schippe zu nehmen. Beispiele:
- Wenn man mir früh genug Bescheid sagt, kann ich auch spontan sein.
- Wir können alles. Außer Hochdeutsch. (Länder-Slogan Baden-Württemberg)
Ganz wunderbar beherrschen die Berliner Verkehrsbetriebe diese Kunst. Mit der Kampagne „Weil wir dich lieben“ tobt sich das Social-Media-Team der BVG höchst selbstironisch aus.
Twitter-Nutzer:
Der nette Fahrer der Linie 100 sagt jeden Stop in vier Sprachen an! Sehr cool @BVG-Kampagne
Antwort der BVG:
– Deutsch
– Berlinerisch
– Schwäbisch
– Anschiss
?
Twitter-Nutzer:
Äh, @BVG-Kampagne, ich sitze in einem pünktlichen Bus. Mit WLAN. Er ist gelb und sieht aus wie einer von euch. Kann das sein? <3
Antwort der BVG:
Wir haben jetzt extra 15 Stunden später geantwortet, um unsere Pünktlichkeitsstatistik wieder auszubalancieren.
Die BVG wandelt ihre Schwächen – die Berliner Schnodderigkeit und Unpünktlichkeit – in Stärken um. Dafür braucht man viel Selbstbewusstsein.
Wichtig ist hier auch die Mischung. Die BVG tritt nicht nur frech auf, sondern zeigt in anderen Postings viel Herz. Das kommt sympathisch rüber – und authentisch. Obwohl ein Großunternehmen, zeigt die BVG mit dem Mittel der Selbstironie so etwas wie Persönlichkeit. Humor ist also auch Persönlichkeit.
Humortechnik Nummer 3: Witzige Vergleiche
Mit witzigen Vergleichen lässt sich besonders gut Humor transportieren. Ein schönes Beispiel habe ich gestern von Tim Raue in der Sendung Kitchen Impossible gehört:
Das ist, als wenn ich einmal Gokart gefahren bin und würde glauben, dass ich Lewis Hamilton schlagen könnte.
Was hat Tim Raue gemacht? Er hat sich seine Situation vorgenommen und sie mit etwas anderem verglichen. Ähnlich könnte man formulieren:
Ich fühle mich wie ein Kaninchen, dem man die Karotte geklaut hat.
Probieren Sie es einmal aus.
Humortechnik Nummer 4: Umformulierte Redewendungen
Eine weitere Idee: Nehmen Sie sich eine Redewendung oder ein bekanntes Zitat vor und verballhornen Sie die Vorlage so, dass der ursprüngliche Spruch noch erkennbar ist.
- Touristen in Berlin: Ein Schwabe macht noch keinen Sommer.
- Der schnellste Weg zu uns: Über sieben Ampeln musst du gehen.
Bei Beispiel zwei stand ein Songtitel Pate (Über sieben Brücken musst du gehen). Die humorvolle Komponente kommt allein schon durch das Umdichten des bekannten Spruches.
Humortechnik Nummer 5: Wortspiele
Als letztes Stilmittel will ich noch die Wortspiele nennen. Der Witz ist ihre große Stärke und der Grund, warum sie in der Werbung so gern eingesetzt werden.
- Eimer für alle (Berliner Stadtreinigung – ein Musketier entsorgt seinen Müll mit dem Florett)
- Mäht in Germany (OBI – Werbung für einen Rasenmäher)
- Isch bin dir Farfalle (Lieferando – zu sehen ist ein Nudelgericht)
Hier merken Sie es noch mal ganz deutlich: Sobald ich als Leserin diese Sprüche witzig finde, finde ich sie auch gut, sie bleiben hängen. Douze points für das werbende Unternehmen.
Zugegeben, Wortspiele sind nicht leicht zu texten. Meine Tipps dazu finden Sie in dem Beitrag Wortspiele in der Werbung.
Der beste Tipp: Machen Sie sich locker
Was Sie jenseits dieser Anregungen brauchen, ist eine gute Portion Lockerheit. Halten Sie nicht nur verbissen an der Message fest, die Sie transportieren wollen: „Ich muss jetzt dieses Angebot kommunizieren.“ Auf diese Weise entstehen nur Sachaussagen. Aber was gibt es jenseits der Sachaussage?
Lassen Sie stattdessen auch Stimmungen und spontane Gedanken zu, spinnen Sie rum. Plaudern Sie, als würden Sie sich mit einem Bekannten unterhalten. So kann sich Ihr Humor schüchtern ans Tageslicht wagen. Sollte das Ergebnis zu albern werden, kein Problem – dann streichen Sie das halt wieder weg. Aber geben Sie dem Witz eine Chance.
Regelmäßiges Schreiben hilft. Gerade Ihr Facebook- oder Twitter-Account oder Ihr Blog sind wunderbare Humorspielwiesen. Schließlich müssen Ihre Texte dort nicht so hundertprozentig sitzen wie auf Ihrer Unternehmenswebsite. Sie können sich leichter ausprobieren und auch mal einen etwas flapsigeren Stil wagen. Mit der Zeit und der Übung werden Sie so zu Ihrem eigenen, vielleicht humorvollen Stil finden.
Fazit: Nur Mut zum Witz
Humor verhält sich meistens wie ein glitschiger Fisch: Schwer, ihn zu fangen – besser, er kommt von sich aus auf Ihr Boot gesprungen. Bis dahin hilft es, sich gewisse Strukturen vorzugeben: eine Übertreibung, eine Metapher, eine Redewendung. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Rumspinnen!
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Erzähl doch mal: Wie Sie mit Anekdoten Ihre Marketingtexte bereichern
Martina Schmid meint
Super, ein schöner Artikel. Bei uns in Wien gibt es auch seit Jahren so eine Kampagne der 48er – das ist die Müllabfuhr. Mit wahrlich grandiosen Sprüchen wird da für Sauberkeit und ordentlichen Umgang mit Müll geworben. Ist immer sehr witzig und bleibt natürlich genau deswegen im Gedächtnis. „Bau kaaan Mist“ – wird also auch noch im Wiener Slang geschrieben und steht auch auf den Müllfahrzeugen hinten drauf. https://48ertandler.wien.gv.at/site/kampagne-bring-uns-dein-bestes-stueck/
Dr. Annika Lamer meint
Hallo Frau Schmid,
ja, darüber habe ich mich bei meinem letzten Wien-Trip auch schon gefreut. 🙂 Danke für das Feedback!
Viele liebe Grüße
Annika Lamer
Jan bonitz meint
Liebe Frau Lamer,
allein das Lesen zaubert ein Lächeln ins Gesicht. Humor ist und bleibt die beste Medizin, wir dürfen da ruhig mehr davon anwenden.
Danke für die Tipps.
Bleiben Sie Gesund!
Herzliche Grüße
Jan Bonitz
Dr. Annika Lamer meint
Lieber Herr Bonitz,
wie schön. 🙂 Ja, Momente des Lächelns können wir gerade besonders gut gebrauchen.
Viele Grüße
Annika Lamer
Marta Pagans meint
Liebe Annika,
vielen Dank für diese sehr sympathische Anleitung zum Humor.
Ich mache mich mal locker und spinne gleich ein bisschen rum.
Meinen Texten wird es bestimmt guttun. : )
Schöne Grüße
Marta
Michael Bauer meint
Hallo, ein witziges Wortspiel, das mir in Erinnerung geblieben ist, ist „Business Indisch“ für einen Curry-Lieferservice in Wien.
City meint
Liebe Annika,
Vielen Dank für diesen gut formulierten und hilfreichen Artikel, der mir sehr bei der Recherche geholfen hat. Dein Tipps sich einfach locker zu machen hat so sehr geholfen.
Ich finde deinen Blog und deinen Schreibstil sehr gut.
Liebe Grüße aus Hannover
W. Wengenroth
Nellja meint
Liebe Annika,
danke für den interessanten Blogbeitrag, schon das Lesen deines Artikels hat mich zum Lachen gebracht 🙂 . Großartig zusammengestellt. Ich freue mich darauf, bald mehr von dir zu lesen.
Herzliche Grüße aus Hannover
Nellja